Geschichte von einer Retro-Backofenevolution

Mein Vater – sozusagen „ChefDad“ ;) – ist ein findiger Mann, der gerne an Geräten herumtüftelt, sie auseinander nimmt und optimiert. Nachdem der unerfüllte Wunsch nach perfekt frischgebackenem Brot schließlich groß genug geworden ist, hat er sich selbst einen eigenen Brotbackofen gebaut!

Dies ist seine Geschichte:

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Geschichte von einer Retro-Evolution eines Mikroprozessor gesteuertem Brotbackautomaten zu einem primitivem Backofen.

Im Anfang war das Wort und es hieß Brot.

Die Vorstellung war, zugegeben etwas naiv, von einem täglich frisch duftenden Brotlaib auf dem Frühstückstisch. Also wurde ein, damals sündhaft teures Gerät, eben Novum – ein Brotbackautomat, erworben. Man will sich was gönnen.

Das Gerät spielte alle Stücke, alles ließ sich einstellen und regeln, nur eines schaffte es nicht – Brotbacken. Zumindest Brot nach unseren Vorstellungen. Kurz geschildert, es wurde immer seltener in Betrieb genommen, bis es auf Jahrzehnte in unserer Kellerdeponie versank. Aber es verschwand nicht aus meinem Gehirn- und Gesichtskreis vollständig, denn man stolperte bei Suche nach etwas Anderem immer wieder über ihn.

Dann, am symbolischen Tag zwei

wurde ich beschenkt mit unbrauchbarem Gerätegehäuse aus 2 mm dicken, eloxiertem Aluminiumblech, und es wurde Licht. Das High-Tech-Brotautomat wurde zerlegt, Teile für spätere Konstruktionen aufgehoben und sortiert. Für folgendes Projekt wurde das Heizelement, Thermoelement und die Platine mit der Stromversorgung und einem Relais bei Seite gelegt.

Es wurde Abend und Morgen des dritten Tages.

Alle Teile wurden penibel vermessen, mechanisch, so wie elektrisch, versteht sich. In meinem liebsten Zeichnerprogramm wurde gezeichnet und konstruiert, spekuliert, und gerechnet. Elektronische Schaltung mit Temperaturreferenz, Komparator und Einstellelement entworfen.

Am Tag vier

wurde an dem Aluminiumblech und Eisenblech gesägt, gebogen, gebohrt und die Teile wurden zusammengebaut. Das Heizelement wurde von unten am Boden mit pedantischem Eifer und vielen Schauben befestigt und gegen diesen zwecks optimaler Wärmeübertragung gepresst. Temperatursensor wurde auch da mitbefestigt.

Der Backofenkern hat noch einen Mantel aus hässlichem verzinktem Eisenblech erhalten, um die Hand- und Fingerbrandgefahr ein wenig zu reduzieren. Außerdem eignet sich diese, etwas kühlere Region, zu temperaturisolierter Befestigung von der umgebauten Steuerelektronik.

Dann kam der Tag Numero fünf.

Er brachte das Ausmessen der Temperaturregelung und des Energiebedarfs. Es wurde ein Versuchsbrotteig mit Temperaturelementen bestückt, um etwas von dem temperaturmäßigem Brotinnenleben zu erfahren und damit die Backzeit und Ofentemperatur zu optimieren.

Der Tag sechs ist angebrochen

und dauert jetzt schon das vierte Kalenderjahr. Im Schnitt wurden zwei bis drei Brötchen (200g Mehl, 6g Salz, Gewürz, 10g Hefe, 120g Wasser und Zuschlag) pro Woche gebacken. Wenn ich es nachschätze, dann wurde bereits eine Armada von 550 Broten verbacken und einverleibt. Das Brot selbstredend in unzähligen Versionen mit und ohne Sauerteig, und diversen Zusätzen von Walnüssen, Haselnüssen, Mandeln, Kürbiskernen … Der Teig wird in einem noch nicht umgebauten Küchengerät geknetet.

Wozu eignet sich das Ding noch? Für Pizza für zwei ältere und nicht besonders hungrige Leute, für in keramischer Schale gebackene mediterranen Gerichte, Reisaufläufe und, und, und. Und für zu sterilisierende Marmelade in entsprechend kleinen Gläsern, weiter für Trocknen und Rösten frisch geschälten Mandeln. Ebenfalls erprobt wurde Hendlhaxenbraten.

Und warum die ganze Mühe, wenn es doch so etwas zum kaufen gibt? Das ist das Problem. Es gibt so etwas nicht zum kaufen, entweder ist es zu groß, dazu haben wir sowieso einen klassischen Backofen, oder ist bei den billigen Geräten keine Temperaturregelung vorhanden, beziehungsweise überhitzen sie nach eine Viertelstunde hoffnungslos und schalten sich dann lieber selber aus.

Und dann das Motivierendste: Kampf mit der Materie und besiegen der selben.

Für technisch Interessierte:

Pinput 550W, Energieverbrauch mit 330g Brot weniger als 0,2kWh (Stromkosten etwa 4 Cents), Backzeit 30 … 35 Minuten, 30 … 35 Minuten in abgeschaltetem Offen belassen, Backtemperatur 200°C, fein regelbar ab 65°C bis 200°C, Temperatur Hysterese am Backboden ca. 4K.

Außenabmessungen ca. 340 x 340 x 170, Backblech 260 x 210, Innenhöhe etwa 80mm.

Was bringt der siebente Tag?

Das Gerät war geplant als Experiment für Analyse des Backvorganges, also als Provisorium. Nachfolgen sollte eine digitale Programmierung, denn jetzt wird die Backzeit manuell am Kurzzeitwecker kontrolliert und ab und zu wird vergessen diesen zu starten – bisher ohne nachteilige Folgen, denn die relativ niedrige (und gesunde) Backtemperatur erlaubt mäßiges Überziehen der Zeit.

Es soll eben ein etwas größerer Nachfolger gebaut werden, mit beheiztem Boden und beheizter Decke, wahlweise abschaltbar, um eine braunere Kruste (ungesündere) an dem Backgut zu erzielen.

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